Bei Führungskräfteschulungen, an denen ich selber teilnahm oder die ich beauftragte, erlebte ich immer wieder, dass fast schon gebetsmühlenartig von den Dozenten* die These vertreten wurde, mit Geld könne man Mitarbeiter nicht motivieren. Da praktisch kein Teilnehmer dagegen aufbegehrte, fragte ich mich irgendwann, ob ich in einer Arbeitswelt altruistischer Lohn- und Gehaltsempfänger mittlerweile zu einer aussterbenden Spezies gehöre: dem (geldgierigen) homo oeconomicus, der es gerne sieht, wenn herausragende Leistungen auch herausragende finanzielle Anerkennung finden.

Seit ich gestern die Zeitung las, weiß ich, dass ich doch nicht vom Aussterben bedroht bin. Laut dpa führte Forsa eine repräsentative Umfrage durch, an der rund 3.200 Beschäftigte in Deutschland teilnahmen. Ergebnis war, dass 37 Prozent der Beschäftigten sich vorstellen können, den Arbeitgeber zu wechseln (48 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen, 40 Prozent bei den 30- bis 39-Jährigen und selbst bei den über 50-Jähigen immerhin noch 19 Prozent). Von den potenziell Wechselwilligen gaben wiederum 47 Prozent an, mehr Geld verdienen zu wollen.

Wenn das Ergebnis dieser Umfrage einer eingehenderen Überprüfung standhält, wäre es – gerade in einer Zeit zunehmenden Fachkräftemangels – ein Alarmsignal für alle deutschen Unternehmenslenker, denn über ein Drittel ihrer Mitarbeiter sind anfällig dafür, dem Unternehmen den Rücken zu kehren. Selbst ein Fünftel der älteren Erfahrungsträger sind keine „sichere Bank“ mehr. Und für ungefähr die Hälfte der Wechselwilligen ist der Wunsch nach mehr Geld die ausschlaggebende Motivation. Das deutet darauf hin, dass die Beschäftigten trotz der vielbeschworenen intrinsischen Eigenmotivation von den Arbeitgebern auch eine handfeste extrinsische Motivation in Form von Geld erwarten.

Personalverantwortliche wären gut beraten, wenn sie vor diesem Hintergrund über ihre Motivationsstrategien nachdächten und Geld entgegen der Meinung vieler Dozenten/Trainer (und auch Berater) doch wieder als Motivator ansähen. Die Community der Wissensvermittler wiederum sollte in Erwägung ziehen, bestehende Schulungskonzepte hinsichtlich des Themas Motivation zu überprüfen.